Freitag, 1. Dezember 2017

Lichtgestalt



Als Lucia vor zwei Jahren zu mir kam, waren die Taschen ihres Shabby-Kleides prall gefüllt; sie zog an einem kalten Adventssonntag bei mir ein, nahm Raum in meiner Wohnung und in meinem Herzen denn es fällt leicht jemandens Herz zu erobern mit einem verschmitzten Lächeln und liebevollen kleinen Geschenken. So hatte sie ein leichtes Spiel mit mir und nur zu gerne ließ ich mich an jedem Morgen im Advent von ihr überraschen . . . 

Lucia verbringt die Zeit von Januar bis Ende November in einem Koffer hoch oben auf dem Schrank, gleich bei dem Tannenbaumschmuck und den Lichter- ketten. Pünktlich zum Advent hat sie nun ihren angestammten Platz wieder eingenommen, das Kleid, so gut wie möglich glattgestrichen und mich erwartungsvoll angelächelt. 

Die Taschen ihres Kleides sind leer und es macht keinen Sinn, dass ich sie selber mit Süßigkeiten fülle um diese an jedem neuen Vorweihnachtsmorgen zum Naschen heraus zu holen . . . 

Aber ich will Lucias Taschen füllen, nicht alle auf einmal sondern an jedem Tag bis Weihnachten eine. Ich will sie füllen mit dem was der Tag mir schenkt; 24 Tage, 24 Taschen und am Ende eines jeden Tages möchte ich etwas in das jeweilige Täschchen tun, etwas, das ich von diesem Tag zurückbehalten habe, etwas, das mich daran erinnert was ich Schönes getan oder erlebt habe. Vielleicht sind es ganz kleine Dinge wie ein Stein, gefunden auf dem Weg nach Haus oder ein Lebkuchenmann, selbstgebacken und schön verpackt. Vielleicht eine Postkarte mit einem Gruß von jemandem der an mich denkt oder ein paar Zeilen die ich selbst an mich schreibe. Ja, diese Idee gefällt mir, ich fülle Lucias Taschen mit den Überraschungen die mir das Leben schenkt denn gerade jetzt, in der dunkelsten Zeit des Jahres, ist es gut, sein Augenmerk auf das zu lenken was wohl tut und schön ist; in diesem Sinne wünsche ich genügend Zeit für ganz besonders zauberhafte Vorweihnachtserlebnisse.


Angelika


Morgenrot, Blick aus meinem Küchenfenster